Nordlichter beseitigen Geklöter von achtern

Tausch der Antriebswellen am Beispiel eines 280E im Exil

Benötigtes Werkzeug
Handelsüblicher Knarrenkasten
Rohr als Knarrenverlängerung
14er Innensechskant für die Ölablass- und Einfüllschraube
Seegeringzange
Unterstellböcke
Bier und NDR1 Welle Nord im Radio. Vor allem Letzteres hebt die Stimmung exorbitant. Echt.
Werkstattwagenheber
1.2 Liter Öl für Hypoidverzahnte Getriebe SAE 85W90
ggfls. Fliessfett für die Manschetten (280 Gramm pro Seite aussen)
ggfls. Schellen für die Manschetten
Curil Dichtmittel ölfest, das grüne
Loctite mittelfest, das blaue
Auffangwanne für Altöl
Lappen
Reinigungsmittel
Bürste


Frisch ans Werk.

HINWEIS Alles natürlich wie immer ohne Gewähr. Wer Angst hat, fahre bitte in eine Werkstatt des Vertrauens und lasse es da für unendlich viele Penunsen machen....

Antriebswellen ausbauen

Die Radschrauben der Hinterräder leicht anlösen und anschliessend den Autowagen sicher aufbocken. Räder runternehmen und die Karre auf den Böcken abstellen. Und nicht, dass der das Rollen anfangen kann. Tut nicht nötig, wenn der geneigte Schrauberheld grad an den Wellen rumzupft....
Zweckmässigerweise lassen wir zunächst das Öl aus dem Diff ab. Das dauert ein bisschen, ist zähflüssig, der Kram. Der 14er Innensechskant kommt zum Einsatz. Zuerst die Einlassschraube, sonst kann das nachher ganz ärgerlich enden. Nicht fragen, einfach nur einmal im Leben machen, was einem gesagt wird. Die Schraube sitzt gern fiesiglich fest. Gewalt hilft. Mit dem Hammer hinten auf den Inbus. Kurz und schmerzhaft, drei bis fünf mal, das sollte reichen, um den Dreck zu lösen und das Ding aus seiner Verbindung mit dem Schmodder des Diffs zu bewegen. Anschliessend das selbe Spiel mit der Ablassschraube (hab ich eigentlich erwähnt, dass das mit der neuen Rechtschreibung und drei 's' hintereinander Augenkrebs verursacht?....)



Wanne drunter und erst einmal vergessen, den Schmodder. Es gibt genug andere Sachen zu tun.

Man krabbel unterm Autowagen hervor und mache sind an den Wellen zu schaffen. Dazu gehört zunächst die Zentralschraube in den Radnaben raus. Ist eine 10er und sollte recht leicht zu lösen sein. Beiseite legen und bei Bedarf ein klein wenig putzen. Das beruhigt und sieht auch verflixt gut aus.
Die Antriebswelle kann nun mit einer Knarrenverlängerung angesetzt nach innen durchgeschlagen werden. Nicht unbedingt Gewalt anwenden, wenn sie nicht gleich ganz raus möchte, das liegt in der Natur der Sache. Kommt schon noch.
Einfach von der anderen Seite das Aussengelenk der Welle so lange hin- und herbiegen, bis es aus der Achsgeschichte rauskommt. Sieht dann hinterher so aus:



Schick, gelle? Flott bei der anderen Seite das gleiche Spiel und dann: Bier. Eins ist erlaubt. Ausserdem ist das Öl nich nicht ganz rausgetröppelt aus dem Diff.


Differentialgehäuse lösen und absenken

Zunächst einmal da unten alles ganz scharf angucken. Kann sein, dass der Auspuff zuerst noch runter muss. Beim französischen 280 war das glaub ich nicht erforderlich. ... Nein, ging so.
Wagenheber unters Auto, fein Holz draufstapeln und das Diff Richtung Wagenboden drücken, bis die Karre hochwill. Soll sie aber nicht.

Hinweis der Nordlichter, völlig kostenlos:
Man stelle sich den Wagenheber so hin, dass man nachher auch noch mit der Ölwanne da hinten rumfuhrwerken kann. Denn es kommt noch dicke...

Man löse die Schrauben, mit denen das Gussteil unterm Wagenboden festgemacht ist. Sind 4, auch wenn im Bild unten nur drei eingekrickelt sind. Nummer 4 versteckt sich irgendwo dahinter und Nordlichter gehen schlank und frei davon aus, dass der geneigte Betrachter es zu abstrahieren versteht.
Solange wir eh schon unterm Auto rumliegen, wird die Chance nicht vertan, auch gleich die Schrauben vom Diffdeckel los zu machen. Oder gleich ganz raus. Keine Panik ins Gesicht, da fällt nichts runter, das sitzt alles fest. Es sei denn, man hat es kürzlich erst aus welchen Gründen auch immer schon einmal abgemacht....



Schick schick schick. Kaum zu erkennen ist hier von wegen die Perspektive und so, dass die Holzklötzchen in der Tat NICHT den Diffdeckel behindern....

Alle Schrauben werden fein getrennt nach Einbauposition zur Seite gelegt.
Jetzt den Diffdeckel abnehmen. Wenn er nicht gleich will, ein paar Schläge auf den Hinterkopf bringen ihn in die Spur. Und aufpassen, da schwappt noch einmal Öl raus. Wanne drunter und weg da.
Solange das vor sich hintrieft, die Schrauben von Diffhalter und -deckel von den Resten der Schraubensicherung befreien, saubermachen und fein ordentlich wegsichern. Und wenn man eh schon am Putzen ist: Diffdeckel und seinen Gegenpart ordentlich von den Resten des Klebezeugs befreien, dass da so rumkrümelt.


Jetzt wird das schweinisch: Wellen vom Diff abbauen

Wir suchen uns den Federring, der im Innern des DiffiSiffis die Antriebswelle festhält. Weil das eine wirklich liderlich widerliche Angelegenheit und Fummelei ist, statt vieler Worte einfach Bildmaterial.



Blau eingekringelt das Federvieh, rot der Nupsel, mit dem man das Teil mit der Seegeringzange rausruppsen kann...


Und aufpassen, dass die Teile nicht abhandenkommen. In den Innereien des Diffs machen sie sich nicht wirklich gut mit den ganzen Zahnflanken da und ganz ohne könnte zwar klappen, wird aber selbst von den extrem furchtlosen Nordlichtern nicht empfohlen.
Ach ja, die Wellen können nun auch aus dem Diff rausgefummelt werden. Achse ablassen bietet sich an, damit man schlicht mehr Freiraum bekommt. Ist in der Tat eine Fummelei, geht aber.
Sieht dann so aus:



Hübsch, nicht? Und weil Nordlichter auch ein klitzekleinwenig verspielt und neugierig sind, einen Einblick der besonderen Art:


Das Exilnordlicht hatte total zerfetzte Manschetten an den Wellen, die dem Onkel im Kittel bei der kommenden CT nicht wirklich gefallen hätten.


Wirklich total fritten. Am Ende. Auf. Tot. Dass die Kiste überhaupt noch Vortrieb entwickeln konnte, ohne die Umwelt zu quälen ist ein Geheimnis. Muss an den brachialen 185 Pferden vorne drin gelegen haben.

Also flugs in den unerschöpflichen Teilefundus gegriffen und zwei fast frische Wellen rausgeangelt.
Die allerdings hatten das Problem, dass die Manschetten zwar aussehen wie Frischware, aber leider nicht so wirklich da wohnten, wo sie eigentlich sollten.



Wir haben schlank eine frische Fettpackung reingetan. Fett gibt das beim Autoteilefredi des Vertrauens. Pro Seite und - hier der radseitigen - Manschette werden gut ein viertel Pfund Gehacktes, darf's ein bisschen mehr sein? Gerne... Danke..... äh... Fliessfett benötigt. Wieviel genau, das steht irgendwo in den Tiefen der WIS. 280 Gramm als Richtlinie. Manschetten ordentlich festmachen nicht vergessen vor lauter Schweinkram an den Fingern.


Der Sauerei nächster Teil: Zusammenbau.

In umgekehrter Reihenfolge, wer hätte das nur gedacht.... Wellen ins Diff reinwürgen und die Seegeringe von innen draufprokeln. Gaaaaaanz ruhig bleiben, zur Not hilft ein Schluck aus der Buddel mit dem Hopfentrank.



Na? Ordentlich geflucht mit den doofen Federteilen? Ja, ja, fragt einfach nicht, woher... Antriebswellen jetzt so langsam mal in die Radnabe einführen. Vorsichtig und mit Geduld. Es zahlt sich aus. Bingo! Geht doch :)

Diff von den Ölresten unten befreien und die Fläche für den Deckel mit Curil einstreichen. Nicht zu dick. Und rauf muss es; das Zeug dient als Dichtung. Und das freut den Vermieter und seinen sauberen Stellplatz. Oder die Ordnungshüter. Oder wen auch immer. Vor allem einen selber. Weil man nämlich alles so richtig richtig gemacht hat.



Nach der Antrockenzeit ran mit dem Deckel ans Gehäuse und die Schrauben wieder eindrehen. Gerne mit Loctite dran und gerne gleichmässig ringsrum.
Autowagen wieder hochpumpen bis das Diff richtig fein unterm Wagenboden wohnt. Dann die Schrauben da oben mit Gefühl einbauen. Mit Gefühl deshalb, als die Gegenstücke ganz gern ein klein wenig verrutschen. Sorgt nicht unbedingt für den Quell wahrer Freud', ist aber nun mal so. Anzugsdrehmomente toben sowohl im Bucheli als auch auf der WIS rum. Ich hab sie, ein halbes Jahr nach erfolgreicher Operation, schlicht aus dem Hirn verdrängt...

Die Ablasschraubenaugenkrebs ist wieder im Diffgehäuse drin? Handwarm anziehen langt völlig. Handwarm heisst: von Hand eindrehen, mit dem 14er Inbus nachhelfen auch von Hand und wenn das Ding fest ist, eine viertel bis halbe Umdrehung mit der Ratsche hinterhergeben. Fertig. Und gut.

Öl einfüllen. Der Profi wärmt das Zeug vorher an, macht die Sache einfacher. Und vor allem: Schneller. 1,2 Liter sollen rein. Oder eben so viel, bis es aus der Einfüllöffnung wieder rausgekrochen kommt. Schraube wieder rein. Handwarm, gelle... und fertig hier im Unterholz.



Jetzt die Zentralschrauben wieder einsetzen (Anzugsdrehmoment ist ein Fliegenschiss, ich glaub 25 Nm oder so), Räder rauf, Radmuttern mit 110 Nm (Stahlbrummer) oder 120 Nm (Winterfelgenfüchse) andonnern und .... das war's.

Radmuttern wie immer nach einer Weile (50 km) noch einmal kontrollieren.

Und? Gar nicht so wild, die Sache. Antriebswellen tauschen in 14 Bildern. Mit den Nordlichtern. Die können das. und die machen das.

Bitte schalten Sie auch das nächste Mal wieder zu, wenn es wieder heisst: Baschdelschdunde mit den Nordlichtern.
Wir bedanken uns für Ihre Aufmerksamkeit und geben zurück ins Studio.